Francis Durbridge Paul Temple und der Fall in Genf |
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Kritik: Als die Temples gemütlich in einem italienischen Restaurant in London zu Abend essen, ahnen sie noch nicht, dass dies die letzten beschaulichen Stunden sind, die sie für eine ganze Weile verbringen werden... denn just an diesem Abend beginnt eine Reihe von Anschlägen auf das kriminalistische Ehepaar, das doch eigentlich nur einen Urlaub in der Schweiz plant! Seltsam, dass eben jetzt auch Margaret Milbourne, die Witwe des Verlegers Carl Milbourne, die Schweiz erwähnt. Dort hatte ihr Mann Carl einen tödlichen Unfall. Doch Margaret glaubt nicht, dass Carl tot ist - und engagiert Paul Temple, der Sache nachzugehen. Als dann auch noch ein mysteriöser Hut auftaucht, den der Tote mit einem Brief versehen aus der Schweiz nach Hause geschickt haben soll, wird Paul hellhörig: Treibt etwa jemand ein böses Spiel mit der jungen Witwe? Oder lebt Carl Milbourne tatsächlich noch? Und wenn ja, warum scheint er dann in der Schweiz untergetaucht zu sein? Rund um das immer wieder auftauchende geheimnisvolle Buch "Zu jung um zu sterben" gruppieren sich alle Verdächtigen und Hinweise - "Zu jung um zu sterben" kann auch die zusammengeschlagene Dolly Brazer, eine Bekannte Pauls, diesem noch zuflüstern. Und "Zu jung um zu sterben" waren ebenfalls so ziemlich die letzten Worte, die Carl Milbourne zu seiner Frau sagte, ehe er in die Schweiz abreiste... 1966, im selben Jahr, als auch der WDR diesen Fall um den Autor und Detektiv Paul Temple und seine Frau Steve als Radiohörspiel inszenierte, gab der Saarländische Rundfunk ebenfalls seinen Einstand in die Welt des Kriminalistenehepaars Temple und produzierte den "Fall Genf" in seinen Studios. Warum dieses Einzelhörspiel beim SR entstand, ist unklar. Vielleicht wollte man dem WDR zuvorkommen, der die Temple-Reihe immerhin ganze vier Jahre (!) hatte ruhen lassen - und das, obwohl mit dem "Fall in Genf", wie Pidax diese SR-Produktion nennt, die Reihe zu einem späten Höhepunkt gebracht wird. Denn dieser Fall ist wahrlich ein vertrackter, höchst verwickelter, und obwohl der Fall Genf einer der kürzesten in der Ära Temple ist, ist er auch einer der besten. Viel Action, ein kniffliger Plot voller Red Herrings, eine weit zurückreichende dramatische Geschichte, Autobomben, hinterlistige Fallen, eine rasante Pferdeschlittenfahrt im verschneiten St. Moritz... hier hat Autor Francis Durbridge wirklich alle Register gezogen und bietet ein Highlight der gesamten Temple-Reihe! Wie gehabt folgt auch die SR-Produktion der kongenialen Übersetzung von Marianne de Barde, die für so viele Temple-Hörspiele übersetzt hat. Regie führt in dieser Fassung Wilm ten Haaf, ein wahrer Pionier in Sachen Hörspiel- und TV-Regie des jungen Nachkriegsdeutschlands, der ab 1950 vor allem sehr viele Hörspiele bei "Radio Saarbrücken" realisierte. Was den "Fall Genf" vom SR von der Inszenierung des gleichnamigen Hörspiels des WDR unterscheidet? Zum einen lässt die Produktion des Saarländischen Rundfunks die klasse Musik von Hans Jönsson vermissen und fällt daher ganze 35 Minuten kürzer aus als ihr WDR-Pendant - zum anderen wartet die SR-Fassung (natürlich) mit einer komplett anderen Sprecherriege auf: unter anderem ist hier der große Franz Schafheitlin zu hören. Ein Schmankerl der SR-Inszenierung ist auch der Auftritt der Grande Dame des Saarländischen Rundfunks, Brigitte Dryander, die viele Hörspielfans mit Sicherheit mit der Figur der Heather MacMara aus der legendären "Die Dame"-Hörspielreihe des SR verbinden werden. Auch hier, im "Fall Genf", spielt sie wieder souverän und stark auf - und das gleich in zwei Rollen. Das bei Pidax erschienene Kriminalklassiker-Hörspiel "Paul Temple und der Fall in Genf" ist auf MP3-CD erschienen und rundet nun endgültig die in Deutschland erschienenen Radiohörspiel-Fälle um Paul Temple ab - schöne Sache für eingefleischte Fans der erfolgreichen Durbridge-Krimireihe!
Weitere Infos: http://www.pidax-film.de/ |