Akustische Motive: Michael Marianetti
Regie und Produktion: Marc Sieper
Covertext:
Ein schlampig ausgeführter Mord erweist sich als überaus schwieriger
Fall. Wer ist der tote alte Mann, dessen Computer voller Hardcore-Pornos
ist? Warum kam der Mörder auf Socken? Das sind nur einige der Fragen,
die sich Erlendur und sein junger Kollege Sigudur von der Kripo in Reykjavik
stellen müssen. Während schwere Islandtiefs über der Insel
toben, wird eine weitere Leiche in Nordermoor gefunden, nach der niemand
gesucht hat.
Kritik:
Skandinavische Krimis sind zur Zeit absolut 'in', und
so ist es nicht verwunderlich, dass auch in Island gute Autoren sitzen,
die darauf warten, von deutschen Lesern/Hörern entdeckt zu werden.
Arnaldur Indridason ist der neueste Exportschlager der kalten Insel, der
mit seinem Kriminalroman 'Nordermoor' den 'Nordic Crime Novel's Award
2002' gewinnen konnte, den Preis des besten nordeuropäischen Kriminalromans
des Jahres 2002.
Entsprechend hoch sind die Erwartungen, die man in dieses Buch steckt.
Und gleich eines vorweg: mit einem Henning Mankell kann Indridason noch
nicht mithalten - zu blass bleiben seine Figuren, zu flach seine Beschreibungen
im Gegensatz zu seinem schwedischen Gegenpart Mankell. Dass sich ein Vergleich
zwischen beiden aufdrängt, wird klar, wenn man entdeckt, dass auch
Indridasons Kommisssar Erlendur seine privaten Familienprobleme hat, die
ein wenig an die Figur des Kurt Wallander erinnern... Zufall oder nicht
- Erlendur als Hauptfigur erschließt sich einem beim Hören
leider nicht so, wie das ein Wallander tut, und auch die Charaktere, um
die sich die Verbrechen in diesem Buch ranken, sind zu leblos, als dass
man als Mitteleuropäer mit ihnen mitfiebern könnte.
Aber vielleicht macht gerade das den isländischen Krimi aus - so
kalt und nüchtern das Land, so einzigartig seine Natur und Kultur,
so 'anders' präsentiert sich eben auch dieses Buch mit seinen nüchtern
geschilderten Charakteren - und schlecht ist der Krimi ganz und gar nicht!
Die Story um den Mord an einem alten Mann, der langsam und leise seine
Kreise zieht, die Ermittlungen, die Stück für Stück von
Erlendur und seinem Kollegen Sigudur forciert und vorangetragen werden,
ranken sich um einen Plot, der sich aufgrund einer isländischen Besonderheit
so, wie er hier erzählt wird, wirklich nur in Island ereignen kann.
Eingerahmt ist die gekürzte Lesung von einer Komposition
von Michael Marianetti, die am Anfang und am Ende des Hörbuchs kurz
zu hören ist. Die Musik ist atmosphärisch passend, vermittelt
Weite und ein wenig Melancholie, ist aber nicht wirklich wichtig oder
gar tragend, denn dafür sind zwei sehr kurze Stücke einfach
zu wenig.
Effekte gibt es in diesem Hörbuch nur zweimal zu hören: in Rückblenden
wird ein Hall unter Glaubrechts Stimme gelegt.
Sprecher Frank Glaubrecht zuzuhören, der ein Star der Synchronszene
ist und z.B. Al Pacino, Pierce Brosnan und Jeremy Irons seine deutsche
Stimme leiht, macht wie immer Spaß. Professionell trägt er
- eher kühl als mit viel Emotion - diesen Krimi vor, wobei er an
manchem kleineren Patzer gerade noch so vorbeischrammt - alles in allem
aber eine gute Leistung, und seine Stimme passt sehr gut zum isländischen
Ambiente des Romans.
Lübbe-Audio hat dem Hörbuch kein Begleitheft beigelegt, die
Informationen zum Hörbuch sind im Innenteil des Außencovers
versteckt. Beim Herausnehmen von CD 1 tauchen unter dem durchsichtigen
Plastikteil die wichtigsten Angaben wie Sprecher- und Autoreninfos und
Spielzeit auf.
Das Cover zeigt eine isländische Landschaft mit einem typisch isländischen
Hof, und versetzt einen gleich in die richtige Stimmung.
Fazit:
Ein solider nordischer Krimi mit einem echt isländischen
Plot ...für meinen Geschmack bleiben die Figuren allerdings ein wenig
zu blass.
Wer skandinavische Krimis mag, kann hier ruhig zugreifen - es muss nicht
immer schwedisch sein!
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