Karl May Der Orientzyklus Hörspiel in 12 Teilen |
![]() |
Regie: Walter Adler Sprecher: Inhalt: Kritik: Wer kennt sie nicht, die sechs Orient-Bände um Kara Ben Nemsi und seinen getreuen Hadschi Halef Omar?! Spannende Unterhaltung, Abenteuer, Geschichten um kleine und große Schlitzohren, Schurken, edle Pferde, schöne Frauen, Entführungen, Morde und Intrigen - all das und noch viel mehr hat Deutschlands Hörspielregisseur Nr. 1, Walter Adler, in dieses fast zwölfstündige - sehr werkgetreue - Hörspiel hineingepackt. Dabei werden die sechs Bände des Orientzyklus' in eine Rahmenhandlung eingebettet, die Karl Mays ärmliches, von Gefängnisaufenthalten geprägtes Leben anreißt und anhand einer Gerichtsverhandlung nachzeichnet. Jede der zwölf Folgen beginnt mit dieser Rahmenhandlung, und man erfährt, dass May, das "asoziale Subjekt", ein Gauner und Betrüger war, ein Hochstapler und Dieb, der mit allen Wassern gewaschen war - freilich jedoch ein ums andere Mal im Gefängnis landete. Dort begann er auch seine schriftstellerische Laufbahn, die ihn langsam aber sicher aus der Armut herausführte. Mays Erfindungsreichtum und seine rednerische Gabe, sich aus jeder noch so bizarren Situation herauszuwinden, finden mit seiner Schriftstellerei endlich das richtige Ventil. Man kann nicht umhin, den Orientzyklus mit all diesen Informationen "bewaffnet" mit anderen Ohren zu hören: Wenn Halef mit seiner Nilpferdpeitsche Bösewichter auspeitscht und man weiß, dass auch Karl May Peitschenhiebe für seine eigenen Missetaten bekam, dann haben diese Bestrafungsszenen schon einen ganz anderen Charakter. Und wenn man weiß, dass May selbst ein Gauner, Dieb und Hochstapler war, dann bekommen gewisse Hörspielszenen, in denen Kara Ben Nemsi solche Gauner verurteilt, auch ein anderes Gesicht... Ca. 140 Schauspieler wählte Walter Adler für sein opulentes Hörwerk aus, und der Cast liest sich wie die Crème de la Crème der deutschen Sprecher: Neben Sylvester Groth, der die Hauptrolle und gleichfalls einen riesigen Erzählpart übernimmt, glänzen vor allem Matthias Koeberlin als Halef und Rufus Beck als David Lindsay. Doch jede - noch so kleine - Rolle wurde glänzend besetzt: Horst Bollmann, Horst Sachtleben, Hans Peter Hallwachs, Ingrid Andree, Ernst Jacobi, Dietmar Mues, Matthias Habich, Ulrich Matthes, Michael Habeck, Felix von Manteuffel sind nur einige der hochkarätigen Sprecher, die dieses Hörspiel bevölkern und so lebendig machen. Absolut überragend agiert Matthias Koeberlin, der
einen Halef gibt, der sich gewaschen hat: nie war Hadschi Halef Omar sympathischer,
nie redseliger, nie anrührender, nie aufopferungsvoller - ein großes
Bravo für diese Leistung! Auch Rufus Beck präsentiert sich prächtig,
und man hat den langen abenteuerlustigen Engländer geradezu vor Augen,
in den er sich mit Leichtigkeit hineinlebt. Viele Überblendungen machen das Hörspiel zu einem echten "Earcatcher", den man auch gerne ein zweites Mal hört. Überhaupt ist die Geräuschkulisse gewaltig gut - hier wurde an nichts gespart, und das hört man. Viele Effekte erzeugen im Zusammenspiel mit der Musik einen großartigen Klangteppich, der einen in den Orient entführt. Wie üblich hat Walter Adler auch diesmal wieder Pierre Oser für die Musik an Bord geholt - eine Zusammenarbeit, die sich auszahlt: Pierre Osers Kompositionen wirken nie aufdringlich, spielen sich nie in den Vordergrund, sind aber immer präsent und fügen sich gut ins Geschehen ein. Große Klasse. Trotz 648 Minuten Spielzeit kam der Orientzyklus leider nicht um Kürzungen herum, und so muss auf einige spannende Szenen verzichtet werden (etwa Halefs Gefangennahme), aber glücklicherweise auch auf viele ausufernde religiöse Buchbestandteile, die dem Hörspiel wirklich nicht fehlen. Leider hat Walter Adler nach eigenem Bekunden kein Interesse
daran, noch weitere Werke von Karl May zu vertonen. Schade! Fazit: Der Orientzyklus: ein gigantisches Karl-May-Spektakel,
wuchtig und prall in Szene gesetzt - Hörtipp!
|