Earl Derr Biggers Charlie Chan (01): Das Haus ohne Schlüssel Label: Allscore |
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Inhalt:
Hawaii, Neunzehnhundertzwanzigerjahre. Der unbeliebte wohlhabende Dan Winterslip wird erstochen in seinem Anwesen aufgefunden. Viele Verdächtige tummeln sich im Umfeld des Verstorbenen, und Captain Hallet und Charlie Chan versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. Doch das erweist sich als gar nicht so einfach... Was hat es mit der gestohlenen Seekiste auf sich, die der Tote von einem Verwandten im Meer versenken lassen wollte? Hatte der Ermordete tatsächlich Angst, dass ein längst tot geglaubter Seefahrer Rache an ihm nehmen wollte? Charlie Chan muss so manches Rätsel lösen, um hinter die Geheimnisse zu kommen, die sich um den Fall ranken. Und tut das mit viel Ruhe, Gelassenheit und der ihm eigenen unbestechlichen Kopfarbeit. Allscore legt mit "Charlie Chan" eine auf sechs Folgen konzipierte neue Krimi-Reihe auf, für deren Skripte Spielbuchautor Marc Freund auf die sechs Original-Romane von Earl derr Biggers zurückgreift, die dieser zwischen 1925 und 1932 schrieb. Wer die Figur des Charlie Chan nur aus der großartigen amerikanischen Spielfilmreihe aus den 1920ern bis 1940ern kennt oder sich vielleicht noch an "Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin" von 1980 mit Peter Ustinov erinnert, wird in "Das Haus ohne Schlüssel" vor allem eines vermissen: den Humor der Filme. Denn Earl Derr Biggers hat mit seinem korpulenten chinesisch-hawaiianischen ruhigen Ermittler eine völlig andere Figur erfunden als die, die man aus dem Fernsehen kennt. Und das ist auch gleich ein großer Knackpunkt, denn eigentlich besonders fesselnd sind die Romane von Earl Derr Biggers nicht wirklich. Zumindest nicht nach heutigen Krimimaßstäben. Und mir persönlich haben die rasanten Filme deshalb auch immer besser gefallen als die Bücher. Vielleicht hätte man sich für die Hörspielreihe also lieber an die Filme gehalten: viel Witz, Chans "Sohn Nummer eins" (und die folgenden) sowie viele Raufereien und ulkige Sprüche sorgten dort nämlich für leichte Krimiunterhaltung, die einfach nur Spaß gemacht hat. Earl Derr Biggers Romane sind dagegen richtig hausbacken. Tempo und viel Spannung kommen nicht auf, wobei die Geschichten aber auch nicht wirklich schlecht sind. Doch kommen wir zu "Das Haus ohne Schlüssel" zurück. Weshalb heißt die Geschichte eigentlich so? Egal. Charlie Chan jedenfalls spielt hier eigentlich eher die zweite Geige, hat erst relativ spät seinen ersten Auftritt (ist im Buch aber auch nicht anders) und agiert so unauffällig, dass man ihn über weite Strecken überhaupt nicht wahrnimmt. Trotz all dieser Basis-Kritik ist dem Allscore-Media-Team aber ein gutes Hörspiel gelungen - wenn man sich auf das behäbige Erzähltempo und die an Personen überreiche Geschichte einlässt. Es braucht allerdings einiges an Konzentration, um die vielen Akteure im Auge zu behalten: hier ein Winterslip, dort ein Winterslip, und noch einer... und noch einer... Wer dies bewerkstelligen kann, bekommt einen Krimi aufs Ohr, der bisweilen sehr ins (Buch-)Detail geht und vor allem die Beziehungen seiner vielen Figuren in den Mittelpunkt stellt - nur eben nicht seine eigentliche "Hauptfigur", den genialen Ermittler Charlie Chan. Viele große Namen bevölkern den Cast: von Helmut Krauss alias Charlie Chan über Lutz Riedel, Nicolai Tegeler, Uwe Jellinek, Dirk Hardegen, Christian Rode über Robert Missler, Vera Bunk, Anke Reizenstein bis hin zu Lothar Blumhagen, Peter Groeger und Jürgen Thormann spielt hier alles mit, was Rang und Namen hat. "Wissende" Hörer kommen beim Anblick des Coverbilds ins Schmunzeln: Wer Helmut Krauss nicht nur akustisch kennt, sondern auch weiß, wie er aussieht, kann auf Anhieb erkennen, dass das Konterfei des Detektivs ziemliche Ähnlichkeit mit Helmut Krauss hat - herrlich! Leider hat man bei der Musik zur Reihe einiges liegenlassen. Kurzum: die Musik enttäuscht auf ganzer Strecke. Hier hätte man wunderbar das hawaiianische Flair einfangen und so für viel Lokalkolorit sorgen können - zudem hätte man Charlie Chan auch unbedingt eine eingängige Titelmusik auf den Leib schneidern müssen (vielleicht mit Anleihen an die amerikanische Filmreihe?!?). Wirklich schade. Und noch ein winziger Kritikpunkt: Als störend
habe ich den nicht erklärten Begriff des "Lanai" empfunden.
Das hätte man dem Hörer gerne erläutern dürfen.
Unterm Strich bleibt ein gemischtes Resümee: Charlie
Chan bleibt mir persönlich zu blass, der Original-Fall von Earl der
Biggers gibt aber auch nicht mehr her. Also - mal sehen, wie es weitergeht:
"Der chinesische Papagei" wird den Detektiv in der zweiten Folge
vor neue Rätsel stellen. Ich bin auf jeden Fall gespannt! Infos und Hörproben: http://www.allscore.de/ und http://www.highscoremusic.com/
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